Maisernte 2022: Ein gutes Jahr für den Mais?

Wie in den vergangenen Jahren gab es auch 2022 wieder viele, teils katastrophale Wetterereignisse zu beklagen, allerdings kam es auch zu unerwartet guten Erträgen im Maisanbau.

Dank des reichlichen Regens im Juni konnte man in den sehr schönen und kräftigen Maisbeständen auf gute Erträge hoffen. Die Ertragsbildung erfolgt allerdings entscheidend in der Blüte und den Wochen danach. Hier kam es jedoch im Juli besonders im Osten und Süden zu starker Trockenheit und kurzfristig Temperaturen deutlich über 30 °C. Sorten bzw. Anbauregionen, deren Blühzeitpunkt in diese Periode fielen, hatten mit enormen Befruchtungsproblemen zu kämpfen, da spätestens bei 35 °C keine Befruchtung mehr stattfindet. Östlich der Linie Klagenfurt- St. Pölten gab es in den Maisanbauregionen eine deutliche Wasserunterversorgung, gepaart mit überdurchschnittlichen Temperaturen im Juli und August.

Niedrige Erträge im Osten
Im Endeffekt bewirkten diese meteorologischen Kennzahlen im Osten z. T. katastrophal niedrigere Erträge von unter einer Tonne auf manchen Standorten bis knapp 18 t im Mostviertel und Oberösterreich. Auch im Süden gab es unterschiedliche Zufriedenheit mit den Maiserträgen. Die Niederschlagskarten zeigen exemplarisch, wie sich die Niederschlagsverteilung in Niederösterreich regional unterschiedlich gestaltet. Die Farben zeigen die Abweichung zum 30-jährigen Mittel. Für Gesamtösterreich beginnt die Niederschlagsabweichung im Juli und August 2022 bei 37 % vom Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre und ist nur sehr kleinräumig überdurchschnittlich (hellblau). Wenig überraschend waren genau dort die überdurchschnittlichen Maiserträge zu finden.

NIEDERÖSTERREICH

Ersichtlich ist die regional unterschiedliche Niederschlagsverteilung in Niederösterreich für die Monate Mai, Juni und Juli 2022.

Das Risiko minimieren
Diese Klimaereignisse können wir nur zur Kenntnis nehmen und, wenn überhaupt, nur sehr langfristig als Projekt der gesamten Menschheit beeinflussen. Jeder Einzelne kann danach trachten seinen Boden bei guter Struktur und möglichst fruchtbar zu erhalten – das erhöht die Wasserspeicherfähigkeit. Bis zu einem gewissen Grad kann man zudem schon bei der Sortenwahl das Risiko von Missernten minimieren. Eine gewisse Absicherung gewinnt man schon dadurch, wenn mehrere Sorten mit verschiedenen Reifezahlen und Abreifeverhalten angebaut werden und dadurch die Blüte und Kornbildung der Bestände über einen längeren Zeitraum stattfindet. Es hat sich auch gezeigt, dass eine Frühliefer- oder Spätliefer-Vereinbarung bei Mais eine gute Möglichkeit ist, das Risiko in der Marktfruchtproduktion zu streuen.

ÖSTERREICH
Die Karten zeigen die Niederschlagsabweichung im Juli (oben) und August (unten) 2022 zum Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre. Überdurchschnittliche Erträge gab es nur kleinräumig (hellblau).

Hartmaissorten für Frühlieferung am zuverlässigsten
Im Vorjahr machte die Firma Agrana eigene Frühdruschversuche, um das geeignetste Sortiment für diese Zwecke zu finden. Am Standort Hartkirchen bei Eferding konnten mit der Sorte DieSERENA® (DKC3012) bereits am 1. September knapp über 16 t mit einer Feuchte von 30 % (knapp unter 14 t Trockenmais) geerntet werden, was einen Relativertrag von +19 % zur Standardsorte SY Calo bedeutet. Auch auf den anderen Standorten Fraham und Wels gab es für diese Neuerscheinung einen Stockerl- bzw. Top Ten Platz. Beim Sortenversuch der OÖ Landwirtschaftskammer für das Premiumsegment konnte
die bewährte Sorte LG 31.219 mit knapp unter 18 t bei 30,2 % Wassergehalt (14 t trocken) mit 108 % den ersten Platz erreichen.

Körnermais Sortenversuch Premiumsegment Walding 2022, OÖ

Sorte Firma Reifezahl Erntefeuchte (%) Feuchtertrag (kg/ha) Trockenertrag bei 14% H2O (kg/ha) Ertrag (Rel.%)
LG 31.219 DIE SAAT 250 30,2 17.839 14.010 108
P7404 Pioneer 230 27,2 15.868 13.093 101
SY Calo (Standard Premium) Saatbau Linz 250 31,1 16.889 13.062 101
Amanova KWS 250 29,9 16.544 13.059 101
Micheleen Probstdorfer SZ 250 31,0 16.732 12.963 100
Amarola KWS 210 30,5 16.362 12.784 99
ES YAKARI DIE SAAT 230 28,5 15.360 12.409 96
Primino Saatbau Linz 220 25,9 14.655 12.344 95
Mittelwerte 29,3 16.281 12.966

Standardabweichung sind 486 kg ~ das entspricht 3,7% des Standardmittels.

VERSUCHSERGEBNISSE
Die Tabelle zeigt die Erträge des Versuchsstandortes Waldling. Die Sorte
LG 31.219 erreichte mit
107 % Ertrag relativ den ersten Platz.

Frühe Zahnmaissorten im Vorteil
In den wärmeren, hauptsächlich ostösterreichischen Frühliefergebieten setzt die Ernte bereits zu spät ein, um die Vorteile der Hartmaisgenetik bezüglich früherer Stärkeeinlagerung nützen zu können. Daher setzen sich eher die frühen Zahnmaissorten durch, die Anfang September schon unter 30 % Feuchte kommen können. Eine interessante neue Zahnmaissorte war im vergangenen Jahr zu beobachten: Wie schon in den ersten Sortenbeschreibungen erwähnt, bestätigte sich auch in den AGES-Versuchen 2022, dass LG 31.240 die Zahnmaissorte mit der absolut raschesten Jugendentwicklung und frühesten Blüte ist. Hier scheint es gelungen zu sein, die Vorteile der Hartmaisgenetik in eine Zahnmaissorte einzukreuzen. Das ermöglicht eine höhere Zuverlässigkeit, das hohe Ertragspotenzial dieser Sorte bei früher Ernte ausnützen zu können. Eine späte Ernte bei dieser Sorte birgt das Risiko von erhöhtem Stängelbruch, was auch die AGES-Auswertungen zeigten.

Vorteilhafte Hartmaissorte
Im mittelspäten Reifezahlbereich von RZ 300 bis 360 dominieren herkömmlich die Zahnmaissorten das Geschehen. Seit vergangenem Jahr mischt hier eine neue, großkörnige Hartmaissorte gehörig mit. Die neue Sorte FINEGAN, RZ 300, behauptete sich im ersten Jahr nach der Zulassung und ist in den drei Prüfjahren im Durchschnitt gleichauf mit der aktuellen Nummer eins P8834. FINEGAN ist quasi als Gegenstück zu LG 31.240 ein Hartmais mit den Vorteilen der Zahnmaise, wie hohes Ertragspotenzial und gutes Abreifeverhalten. Im Kärntner LW Kammerversuch bei Villach war FINEGAN mit 17 t Trockenmais und 108 Rel. % ganz oben.

Konstant gute Sorten überzeugen erneut
Im späten Reifebereich von RZ 370 bis 400 bestätigten ein weiteres Mal die zuverlässigen und erprobten Sorten, dass man auf sie zählen kann. Unter anderem zeigte hier DieSONJA® (DKC4717), was eine zuverlässige Sorte im Trockengebiet ist: Im Kammerversuch Bullendorf im Weinviertel konnte DieSONJA® zu ihrem 10. Geburtstag bei knapp unter 5 t Ertrag wieder 108 % Ertrag erreichen. In Diendorf/St.Pölten kam sie mit 13,2 t auf 107 Rel. %. Der 2021 in NÖ Kammerversuchen überragenden Sorte DieSILKE® (DKC4416) fehlte im Jahr 2022 etwas die Konstanz – sie erreichte immerhin auf einem von drei Standorten einen Spitzenplatz mit 107 %.

Südosten: Korngesundheit im Fokus
Im Südosten war es, wie man anhand der Karten sehen kann, auch viel trockener als früher. Hier waren allerdings nur auf den leichteren Böden deutliche Mindererträge zu verzeichnen. Auf den guten Böden konnten die späten Sorten von RZ 390 bis 450 die hohen Temperatursummen am besten ausnützen. Laut DIE SAAT-Fachberater Anton Kern bewährte sich die Sorte INCLUSIV erwartungsgemäß besonders auf Trockenstandorten und als Neuerung bestand auch DieMELISSA® ihre Prüfungen beeindruckend. Da hier auch viele Veredler ihre Heimat haben, ist die Frage nach der Korngesundheit die Vorrangige – guter Ertrag wird vorausgesetzt. Seit Jahren, so auch vergangenes Jahr, beeindrucken KERALA, DieSISSY®, GLORIETT und DieSTEFANIE® in
der Untersuchung der Landwirtschaftskammer mit hervorragender Korngesundheit, was durch die Toxinuntersuchung der AGES bestätigt wird. Als Sorte aus dem EU-Katalog erreichte PERSIC ein ähnliches Niveau.

Verzögerte Abreife beim Silomais
Die Silomaisbauern hatten neben Wettereffekten wie Hitze, Trockenheit, Sturm und Hagel auch noch mit dem idealen Erntezeitpunkt zu kämpfen. Anders als bei Körnermais gilt hier nicht, je später desto besser. Glaubte man Anfang August noch an eine sehr frühe Ernte, verzögerte sich die Abreife dennoch etwas. Die Bestände waren noch grün am Stängel, die Körner aber oft schon reifer als gedacht. Zum idealen Reifegrad kam allerdings eine Regenphase und am Ende wurden oft Trockensubstanzgehalte von über 35 % oder gar über 40 % zum Einsilieren erreicht. In St. Georgen bei Grieskirchen war SY COLLOSSEUM mit 38 % Trockensubstanz (TS) eine der feuchteren Sorten und erreichte mit 25,5 t Trockenmasse ein Topergebnis. Im Waldviertler Kammerversuch bei Oedt an der Wild erreichte die Sorte 21,8 t bei optimalen 32,4 % TS 113 % Relativertrag und ist damit die klare Nummer eins. Die Kammer Steiermark machte wiederum eine Silomaisauswertung am Grabnerhof in der Obersteiermark. Dort fühlte sich die frühe Sorte LG 31.272 am wohlsten und stellte bei idealer TS von 34,6 % mit 30 t und 121 Rel. % Trockenmasse eindeutig den Spitzenreiter dar. Genauso ideal passt die Sorte ins obere Waldviertel, wo beim Kammerversuch im Raum Zwettl-Gmünd nach 112 % Ertrag 2021 auch im Jahr 2022 114 % erreicht wurden. Dazu passt, dass LG 31.272 auch in der frühen Silomaisgruppe der AGES den Spitzenplatz einnimmt. Als Neuerscheinung gesellt sich die Sorte LINEADE mit RZ ~450 und hohem Kornanteil und kräftigem Wuchs dazu. Um die Silomais-Offensive zu unterstreichen, haben sich zwei enorm ertragreiche Sorten aus der EU-Liste in diversen Versuchen bewährt. LID3620C mit dem selbsterklärenden Spitznamen „DiePROFETT“ RZ ~300 und HONOREEN mit RZ ~330. Endlich zeichnet sich auch eine neue große Silomaissorte im Reifebereich 390/400 ab: Im Silomaisversuch der FS Pyhra NÖ brachte beispielsweise SY SOLANDRI mit der Siloreifezahl ~390 die deutlich höchsten Trockenmasseerträge.

SILOMAIS
Topergebnisse erzielten beim Silomaisanbau die Sorten SY Colosseum, LG 31.272 und Lineade.

Martin Prüller, RWA Saatgut