Wenn weniger mehr ist

Im Gegensatz zu gängigen Ackerkulturen ist Grünland meist eine Pflanzengemeinschaft – bei Anlage und Pflege gibt es Einiges zu beachten.

Zuallererst sei festgehalten, dass es besonders bei Grünlandmischungen deutliche Qualitätsunterschiede der verschiedenen Angebote gibt. Da geht es um Ampferfreiheit, Arten, Sorten und Keimfähigkeiten des Saatgutes. Besonders die beiden letzten sind für die Anlage, aber auch Erneuerung des Grünlandes von grundlegender Bedeutung. Warum? Speziell in den ÖAG-Qualitätssaatgutmischungen sind ausschließlich langjährig geprüfte Sorten vermischt, die auf der ÖAG-Sortenliste angeführt sind. Das sind Sorten von Gräsern und Leguminosen, welche besonders ertragreich, ausdauernd und gesund sind. Zusätzlich ist in diesen ÖAG-Qualitätssaatgutmischungen für alle darin enthaltenen Arten eine erhöhte Keimfähigkeit vorgeschrieben. Dadurch ergeben sich folgende Gegebenheiten für die Ansaat:

  1. Jede einzelne dieser Pflanzen benötigt ihren eigenen Standraum, um sich entsprechend entwickeln zu können.
  2. Nicht alle Arten entwickeln sich von Natur aus gleich schnell.
  3. Durch die höhere Keimfähigkeit ist der Bestand von Beginn an von sich aus dichter

Bei jeder dieser ÖAG-Mischungen ist am Sackanhänger die genaue Zusammensetzung inkl. der Sorten angegeben. Ebenso gibt es auf jedem Zusatzetikett am Sack den Hinweis auf die empfohlene Saatstärke. In der Praxis wird aber aus verschiedensten Gründen meist deutlich mehr Saatgut pro HA ausgebracht. Das hat zwar kurzfristig den Vorteil, dass die Fläche schneller „ergrünt“, allerdings setzen sich da die schnellen Arten – meist Raygräser – durch und unterdrücken die langsameren Partner wie z.B. die Wiesenrispe. Außerdem wird der Bestand deutlich dichter. Das führt aber im späteren Verlauf der Vegetation dazu, dass das Kleinklima im Bestand Krankheiten fördert und die Anfälligkeit für Gelbrost drastisch erhöhen kann. Da helfen auch die gesunden Sorten nicht mehr viel, wenn der Anflug von Pilzsporen nur hoch genug ist. Grünland braucht Luft, Licht und ausreichend Nährstoff, um leistungsstark zu sein – und zu bleiben.

Ein nicht unwesentlicher Faktor sind aber auch die Saatgutkosten. Auch Saatgut soll als Betriebsmittel wirtschaftlich angewendet werden. So ergeben sich die Kosten für ein HA aus dem Preis pro kg x der Saatstärke. Und wenn man das unter Einhaltung der angegebenen Saatmengen Empfehlungen beachtet, so wird man schnell feststellen, dass es zwischen „günstigen“ Mischungen mit höheren Saatstärken und einer hochwertigen ÖAG-Mischung mit entsprechend niedrigerer Saatstärke nicht mehr viel Unterschied gibt. Wenn man dann noch weiß, dass die ausgewählten Sorten bei angepasster Kulturführung längerfristig ertragreicher und vitaler sind, so ist der Einsatz von ÖAG geprüftem und kontrolliertem Qualitätssaatgut jedenfalls gerechtfertigt. Für einen Erfolg der Ansaat sind natürlich auch die Witterungsbedingungen und die Technik von Bedeutung. Aber wenn das alles passt, dann ist eben weniger auch einmal mehr.

Gabriele Hirsch – Ausgebildete Bodenpraktikerin, langjährige Grünland- und Sämereien-Beraterin von „Die Saat“ und seit 2022 auch allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Grünland, Sämereien und Zwischenfrüchte

Zu dichte Grünlandbestände sind anfällig für Krankheiten wie Mehltau oder Gelbrost

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